Carta canta

«Papier singt», so lautet ein altes Sprichwort.
Und wer mein Büro betritt, reagiert in der Regel überrascht von der grossen Menge an Papieren und Ordnern, die sich in den neun Jahren meiner Tätigkeit für die Pfarreien von Allschwil und Schönenbuch in meinen Bücherregalen angesammelt haben.
Jetzt, wo es darum geht, das Büro an meine Nachfolgerin zu übergeben, habe ich viele dieser Papiere wieder hervorgeholt. Es sind Listen von Aktivitäten, von Liturgien, von Beerdigungen, von Reisen. Was wie eine blosse Fülle von Dokumenten aussieht, ist in Wirklichkeit ein Archiv von Erinnerungen und Erlebnissen: Begegnungen, Gespräche und Gesichter tauchen wieder auf.
Während ich also die Unterlagen sortiere, «singen» die Blätter.
Das Papier «singt» für mich von Liturgien, die bei grossen Festen oder in der Vertrautheit von Kleingruppen gefeiert wurden. Es «singt» mir von Abenden und Reisen mit Firmandinnen und Firmanden, von Abenteuern mit Ministranten, von Lagerfeuern mit Pfadis, von Erfahrungen in der Ökumene mit der ökumenischen Pastoralkonferenz.
Die Unterlagen, die ich in meine neue Pfarrei mitnehmen werde, und die, die in den Aktenvernichtern landen werden, «singen» und erzählen mir wieder von Menschen. Personen, die sich schon lange vor meiner Ankunft in Allschwil und Schönenbuch engagiert haben und nach wie vor grosszügig ihren Beitrag leisten; andere sind hinzugekommen; andere sind nicht mehr da, entweder weil ihr Weg sie woanders hingeführt hat oder weil sie ihr irdisches Leben schon beendet haben. Menschen, die mich sehr bereichert haben und für die ich sehr dankbar bin.
Gabriele Balducci